
„Der gerade Weg ist bequem – aber er führt selten zu neuen Ufern.“ – inspiriert von Leonardo da Vinci
Wer kennt diesen Moment: Das Team arbeitet hart, Meetings reihen sich aneinander, Charts werden optimiert – und trotzdem bewegt sich gefühlt nichts. Der Druck steigt, die Diskussionen werden lauter, die Lösungen immer kleiner.
Genau jetzt ist die Zeit gekommen, den Blick zu heben und den Autopiloten auszuschalten. Nicht noch schneller in dieselbe Richtung zu rennen, sondern den Mut zu haben, bewusst einen Bogen zu schlagen.
Der gedankliche Umweg mag auf den ersten Blick unnötig wirken, doch genau diese ‚Extrameile‘ ist oft der kürzeste Weg zur wirklich guten Lösung – warum? Weil er neue Perspektiven eröffnet, die man vorher gar nicht sehen konnte.
Wie könnte dieser Umweg konkret aussehen? Hier ein möglicher Ansatz in drei Schritten:
Aus dem Autopiloten aussteigen
Unser Alltag läuft oft wie von selbst: Prozesse, Routinen, Meetings – alles folgt einem eingespielten Muster. Dieser Autopilot spart Energie, aber er bremst auch die Kreativität. Wir reagieren schnell und treffen effiziente Entscheidungen – aber wir bleiben auch meist innerhalb unserer starren Denkmuster.
Als ein Meister in der konsequenten Manipulation des eigenen Autopiloten galt das Jahrtausendgenies Leonardo da Vinci. Er war dafür berüchtigt, Stunden damit zu verbringen, die Wirbel eines Flusses zu skizzieren oder die Anatomie eines Vogelflügels zu studieren. Für Außenstehende sah das nach Zeitverschwendung aus. In Wahrheit aber war es die Vorbereitung für revolutionäre Durchbrüche: Seine Studien führten zu Entwürfen, die Jahrhunderte später zum Bau des ersten Flugzeugs inspirierten.
Die Haltung da Vincis ist aktueller denn je. Gerade in einer Welt, die von Tempo und Optimierung getrieben ist, lohnt sich der bewusste Umweg. Der Moment, in dem wir unsere Routinen hinterfragen, ist oft der Moment, in dem eine neue Perspektive entsteht – und damit auch ganz neue Ideen.
Die Kraft der ‚unmöglichen‘ Ideen
Die meisten Teams suchen Lösungen möglichst schnell. Doch Geschwindigkeit ohne Richtungswechsel bringt uns nur schneller dorthin, wo wir ohnehin schon waren. Der Schlüssel, um zu neuen Ufern zu gelangen, liegt darin, scheinbar absurde Ideen bewusst zuzulassen:
- Was wäre die verrückteste, unmöglichste Lösung für ein Problem – und welche Teile dieser Lösung lassen sich vielleicht wirklich umsetzen?
- Was bliebe übrig, wenn wir alle Nebenschauplätze radikal weglassen und uns voll auf das Kernthema konzentrieren?
- Wie würde ein Team aus der Filmbranche, der Medizin oder dem Profisport an diese spezielle Aufgabe herangehen?
Genau solche Fragen können große Innovationssprünge auslösen. Denn sie leiten uns bewusst aus dem sicheren Korridor des bisher Möglichen heraus – dorthin, wo Neues überhaupt erst denkbar wird.
Ein praktischer Tipp: Gibt es eine Aufgabe, die dir unter den Nägeln brennt und für die es dir schwerfällt, eine Lösung zu finden? Lade ein paar Kolleginnen und Kollegen zu einem kurzen Brainstorming ein. Erkläre ihnen mit wenigen Worten den Sachverhalt und lass sie dann die absurdesten Lösungen aufschreiben, die ihnen dazu einfallen. Meist entsteht zuerst Gelächter, dann ein Moment des Staunens – und plötzlich taucht eine Idee auf, die zwar radikal, aber realisierbar ist. Genau hier beginnt Innovation.
Vom Zusammenbruch zum Durchbruch
Ein Umweg bedeutet nicht, planlos herumzuschweifen. Er bedeutet, den Mut zu haben, den direkten Weg zu verlassen, wenn er nicht weiterführt. Viele der größten wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Entdeckungen der Geschichte begannen als Abweichung vom Plan: Penicillin wurde zufällig entdeckt und Post-its waren eigentlich ein ‚fehlgeschlagener‘ Klebstoff.
Auch für Teams und Führungskräfte gilt: Wer sich Räume für Umwege schafft, gewinnt langfristig. Es geht nicht darum, möglichst schnell zu sein, sondern die richtigen Dinge zu sehen. Wer sich die Zeit nimmt, genauer hinzuschauen, entdeckt Muster, die anderen entgehen – und entwickelt Lösungen, die nicht nur das akute Problem flicken, sondern das System dahinter nachhaltig verbessern.
Gerade in Phasen hohen (Veränderungs-) Drucks und extremer Volatilität ist diese Haltung ein echter Wettbewerbsvorteil: Teams, die Umwege nicht scheuen, sind resilienter, kreativer und oft auch schneller in der Umsetzung, weil sie nicht die falschen Probleme lösen.